ehemaliger Ruhlaer Handballer bei der EM 2022
Grüße in die Heimat
Ruhla. Wer aus der hiesigen Region im Fernsehen die Handball-Europameisterschaft verfolgt hat, dem fiel etwas Auffälliges ins Auge: eine schwarz-rot-goldene Fahne, auf der mit großen weißen Buchstaben die Worte „Stadt Ruhla“ stehen. Von der Hauptrunde bis zum Finale hing sie in für die Kameras prominenter Lage und warb unübersehbar für das außerhalb von Thüringen sonst eher wenig bekannte Bergstädtchen.
Verantwortlich dafür zeichnete sich Stefan Schmidt, der als eine Art unbezahlter Botschafter Ruhlas bei Großveranstaltungen präsent ist. „Über Facebook hat sich auch schon unser Bürgermeister Gerald Slotosch dafür bei mir bedankt“, erzählt der 31-Jährige, der Anfang der Woche von seiner Reise zurückkehrte. Hinter ihm lagen zehn erlebnisreiche Tage. Bereits im vergangenen März hatte er sich die Tickets besorgt.
Die Vorrundenspiele („So viel Urlaub habe ich eben auch nicht“) ließ er noch aus, in der Überzeugung, dass die DHB-Auswahl die Gruppe meistern sollte. Als er dann im Zug saß, ging gerade die Meldung über den eventuellen Rückzug der deutschen Mannschaft durch die Medien. „Glücklicherweise war das schnell kein Thema mehr“, so Schmidt. In Bratislava sah er dann, wie die notgedrungen kunterbunt zusammengewürfelten Deutschen sich vergeblich um den Halbfinaleinzug mühten. „Die Eingespieltheit hat gefehlt. In der Besetzung waren die Niederlagen keine Überraschung gewesen“, sagt Schmidt.
Stippvisite von SCM-Coach Wiegert im deutschen Fanblock
Obwohl die „Ondrej Nepela Arena“ in Bratislava mit ihren 12.500 Plätzen nur zu 25 Prozent ausgelastet sein durfte, sei die Stimmung hervorragend gewesen. Untereinander gebe es bekanntlich bei Handballfans ohnehin keine Reibereien wie in Fußballstadien. So stand Schmidt, der als gelernter Tischler bei einem Mechterstädter Hersteller von Holz-Spielgeräten tätig ist, beim Spiel gegen Spanien mittendrin in der rot-gelben Fanecke der Südeuropäer. Lediglich zwei, drei Norweger, die wohl etwas zu viel vom dem für sie extrem günstigen Bier genossen hatten, seien mal etwas negativ aufgefallen.
Ein besonderer Moment für ihn sei die Stippvisite von SCM-Coach Bennet Wiegert im deutschen Fanblock gewesen. „Er war ganz locker. Vielleicht habe ich mich da ja mit dem Trainer des nächsten deutschen Meisters unterhalten“, mutmaßt der 31-Jährige. Zwar war für das DHB-Team nach dem knappen Sieg gegen Russland Endstation, für den Ruhlaer ging es aber weiter im Turnier zu den K.o.-Spielen nach Budapest.
Perfekte Organisation in den Austragungsstädten
Kein Problem stellten für ihn die coronabedingten Einschränkungen dar. Der Zutritt in Bratislava erfolgte nur via 2G-Regelung. Auf den Tribünen herrschte Maskenpflicht. „Um überhaupt dabei sein zu dürfen, war das okay. Beim Essen und Trinken durfte man sie natürlich abnehmen“, schildert Schmidt. In Budapest sei alles wesentlich lockerer gewesen. Identisch hingegen war die perfekte Organisation in den Austragungsstädten, dazu seien alle Helfer sehr freundlich gewesen.
Mehr als ein Jahrzehnt lang hat Stefan Schmidt selbst aktiv Handball bei der TSG Ruhla gespielt. Als dort jedoch im Herbst 2017 die Männermannschaft aus der Verbandsliga zurückgezogen werden musste, war auch seine aktive Laufbahn vorbei. „Jetzt habe ich mehr Zeit fürs Reisen“, sagt Schmidt, wenngleich er schon in den Jahren zuvor regelmäßig Großereignisse besucht hat. Nicht nur bei sportlichen Events, wie einige Fußball-WM-Qualifikationsspielen in Polen oder den Niederlanden, sondern auch bei mehreren Eurovision-Song-Contesten war er im Publikum.
Seit 2018 hat er das Stück Stoff stets dabei
Und weil in den Stadien und Arenen Fahnen zum bunten Bild dazugehören, sei ihm schließlich die Idee gekommen, aus Verbundenheit zur Heimatstadt ebenfalls Flagge zu zeigen. Seit 2018 hat er das Stück Stoff nun stets dabei. Erstmals war sein Ruhla-Banner beim EM-Qualispiel der DFB-Kicker in den Niederlanden zu sehen, was Jogis Jungs beim 3:2-Erfolg offenbar auch Glück brachte. Ein Jahr später erlebte Schmidt dann nach Kroatien 2018 in Wien live seine zweite Handball-Europameisterschaft.
Im Mai hat er den nächsten Trip geplant. Es geht nach Turin zum „Eurovision Song Contest“, wobei der reisende Thüringer den Abstecher gern sportlich garnieren möchte. Schmidt: „Vielleicht kann ich mir ein Spiel der Serie A vom FC oder Juventus ansehen.“ Vorgemerkt hat er sich auch schon die Handball-WM 2023 in Polen und Schweden. Spätestens dann wird es für Leute aus Ruhla und Umgebung wieder diesen Ach-guck-mal-Moment geben, wenn sie die schlichte Fahne an einem Tribünengeländer erspähen.
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